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11.12.2023

Spitzen von Kreis und Kirchen treffen sich zum jährlichen Gespräch

Die Zukunft des ländlichen Raums, die Herausforderungen beim Thema Migration sowie die Situation der Kindertagesstätten: Dies waren die Themen des jährlichen Gesprächs, zu dem sich die Spitzen von Landkreis und Kirchen getroffen haben. Landrat Christoph Schauder und Sozialdezernentin Elisabeth Krug sprachen in der Vorweihnachtszeit bei der Diakonie in Tauberbischofsheim mit den katholischen und evangelischen Dekaninnen und Dekanen im Main-Tauber-Kreis sowie mit den Geschäftsführungen von Caritas und Diakonie.

Landrat Schauder dankte für die hervorragende Zusammenarbeit und erklärte, dass der Kreis die Kirchen „überall unterstützt, wo wir können“. Als Beispiele nannte er die Finanzierung von Familienzentren und Beratungsstellen sowie die Schaffung einer pädagogischen Fachberatung für Kindertagesstätten.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren von evangelischer Seite die Dekaninnen Renate Meixner (Weikersheim) und Wibke Klomp (Wertheim) sowie Dekan Rüdiger Krauth (Adelsheim-Boxberg) sowie für die katholische Kirche Dekan Thomas Holler (Tauberbischofsheim) und Dekanatsreferent Jonatan Burger (Bad Mergentheim) in Vertretung des kommissarischen Dekans Bogdan Stolarczyk, außerdem die Geschäftsführerin des Diakonischen Werks im Main-Tauber-Kreis, Aleit-Inken Fladausch-Rödel, Vorstandsmitglied Bastian Weippert vom Caritasverband im Tauberkreis und Ulf-D. Schwarz, Regionalleiter der Caritas Heilbronn-Hohenlohe.

Hinsichtlich der Situation im ländlichen Raum wies Dekan Rüdiger Krauth darauf hin, dass es aktuell in den Dekanaten im Main-Tauber-Kreis viele unbesetzte Stellen gebe. Er sehe für den ländlich geprägten Kreis „strukturelle Nachteile“ bei der Gewinnung von Nachwuchs. Landrat Christoph Schauder erwiderte, dass der Fachkräftemangel inzwischen in hohem Maße auch die Kreisverwaltung erreicht habe, manche Stellen blieben auch nach mehreren Ausschreibungen mangels geeigneter Bewerber unbesetzt. „Der demographische Wandel wird hier noch voll durchschlagen und die Situation weiter verschärfen“, erklärte Schauder.

Vor diesem Hintergrund werde die Landkreisverwaltung ihre Aktivitäten zur Fachkräfteakquise weiter verstärken müssen. Der Landkreis biete beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle und überall, wo es machbar ist, mobiles Arbeiten. Auch sei es unverzichtbar, die Vorzüge des Main-Tauber-Kreises als gutem Ort zum Leben und Arbeiten deutlich herauszustellen. Die Alleinstellungsmerkmale als Landkreis der Weltmarktführer, der Energiewende und des Radwegebaus müssten klar kommuniziert werden. „Deshalb arbeitet unsere Wirtschaftsförderung an einer Neuauflage der Kampagnen ‚Zukunft Main-Tauber‘ und ‚Karriere daheim‘, die sich dafür einsetzen, dass Menschen hierherziehen und junge Leute aus der Region ihren beruflichen Weg im Main-Tauber-Kreis planen.“

Aus Sicht des Landrats gibt es viele gute Gründe, die für den Main-Tauber-Kreis sprechen. Der Main-Tauber-Kreis sei einer der familienfreundlichsten Kreise, verfüge über eine gute Infrastruktur bei Straßen, Radwegen und Autobahnanschlüssen, eine „tolle Bildungslandschaft“ sowie „im Vergleich mit anderen Regionen noch vertretbare Konditionen, um zu den eigenen vier Wänden zu gelangen.“ Für die Verbesserung der Bahnverbindungen setze der Kreis sich permanent ein, auch wenn man nicht direkt zuständig sei.

Dekanin Wibke Klomp zeigte sich in Sorge um die Zukunft der kleineren Dörfer. Hier antwortete der Landrat, dass das Vereinsleben in den Dörfern überwiegend noch intakt sei. Funktionierende Vereine seien eine Achillesferse der Gesellschaft, ohne diese Institutionen sterbe der gesellschaftliche Austausch. Da ihm die Würdigung der Vereinsarbeit ein wichtiges Anliegen sei, werde der Kreis im Jahr 2024 einen Landkreis-Ehrenpreis ausschreiben, mit dem gelungene Initiativen für eine hervorragende Jugendarbeit in Vereinen ausgezeichnet werden sollen. Auch engagiere der Landkreis sich mit finanziellen Freiwilligkeitsleistungen in der Vereinsförderung, insbesondere für die sportliche Jugendarbeit in den Vereinen und Fachverbänden der Württembergischen und Badischen Sportjugend. Auch um die Dörfer zu stärken, werde der Landkreis im Jahr 2024 das Angebot an Ruftaxi-Verbindungen abermals nachverdichten. Geschäftsführerin Aleit-Inken Fladausch-Rödel wies darauf hin, dass die Diakonie in Bad Mergentheim eine Stelle zur Betreuung von Ehrenamtlichen geschaffen hat.

Beim Thema Migration schilderte Landrat Schauder die großen Herausforderungen. So seien dem Landkreis in den vergangenen Monaten von August bis November jeweils 100 oder mehr Personen zur vorläufigen Unterbringung zugewiesen worden. „Da geht es aktuell nur noch darum, rechtzeitig ein Dach über dem Kopf zur Verfügung zu stellen, an Integration ist kaum zu denken“, sagte er. Es sei dringend notwendig, dass der Bund zumindest für neu ankommende Menschen aus der Ukraine den 2022 eingeführten Rechtskreiswechsel wieder rückgängig macht. Sie erhalten seitdem Bürgergeld anstelle der niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sozialdezernentin Elisabeth Krug wies darauf hin, dass Bundesarbeitsminister Heil aufgrund der deutlichen Steigerungen bei den Ausgaben für das Bürgergeld nun auf eine schnellere Integration der ukrainischen Flüchtlinge in Arbeit dränge. „Dies ist schon deshalb ambitioniert, weil den Jobcentern weder mehr Personal noch mehr Eingliederungsmittel zur Verfügung gestellt werden“, fasste sie zusammen. Regionalleiter Ulf-D. Schwarz hielt es für sinnvoll, sich bei der Vermittlung in Arbeit „zunächst auf die Integrationswilligen zu konzentrieren.“

Dekan Thomas Holler verwies auf die schwierige Situation in den Kindertagesstätten. Hier mache sich einerseits der Fachkräftemangel bemerkbar, andererseits gebe es große Herausforderungen bei der Integration von Kindern aus Migrantenfamilien und mit Verhaltensauffälligkeiten. Landrat Schauder kritisierte, dass bei der schrittweisen Einführung des Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 die Politik erneut Versprechungen mache, die nicht gehalten werden könnten. „Das Personal ist schlicht nicht zu finden. Besonders schräg an der Regelung ist, dass die Landkreise in ihrer Eigenschaft als Träger der Jugendhilfe zur Umsetzung verpflichtet wurden.“ Zugleich nannte er sich selbst einen „Berufsoptimisten“: „Wir müssen den Menschen aber reinen Wein einschenken und sagen, was machbar ist und was nicht – denn Politik beginnt mit der Betrachtung der Realität“, lautete sein Fazit.

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