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Haushaltsrede Freie Wählervereinigung

Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren von Verwaltung und Presse,
werte Kreiseinwohnerinnen und Kreiseinwohner,

mit der Verabschiedung dieses Haushalts für das Jahr 2022 setzen wir ein Ausrufezeichen für die weiterhin gute Entwicklung des Main-Tauber-Kreises.

Es ist beachtlich, wie wir trotz der Einschränkungen, die Corona immer noch mit sich bringt, unser aller Leben organisieren und wie unsere Unternehmen positiv in die Zukunft schauen. Unsere Vorstellung von Normalität, von öffentlichem Leben, von sozialem Miteinander – all das wird nach wie vor in dieser 4. Welle auf eine harte Probe gestellt. Den Bürgerinnen und Bürgern gebührt ein großes Dankeschön für das Verständnis und die an den Tag gelegte Disziplin. Die Gesellschaft funktioniert nur durch das Mitmachen der großen Mehrheit. Das Zauberwort „Impfen“ steht über allem! Und dennoch müssen wir in vielen Bereichen und Berufsgruppen noch weiter Überzeugungsarbeit leisten, denn die Probleme – vor allem in unseren Krankenhäusern – entstehen nicht durch die Geimpften, sondern durch die nicht geimpften Menschen. Mir fehlt jedes Verständnis wie man hier Protest und Querdenken auf den Schild heben kann.

Mittlerweile ist die neue Regierung in Berlin gebildet und wir dürfen gespannt sein, wie die Ampelkoalition mit Olaf Scholz an der Spitze die Herausforderungen meistert und wie schnell die neue Regierung agieren wird. Vieles muss sich noch klären. Politisch werden sich Chancen zeigen und wir sind gut beraten, sie zu nutzen.

Unser Neustart hingegen mit der Verwaltungsspitze im Landkreis ist gelungen und konsequent verfolgen wir mit unserem Kreishaushalt für das Jahr 2022 ff. das Ziel, auch in schwierigem Umfeld Chancen zu erkennen, sie anzupacken und darüber hinaus Stabilität zu geben.

Unser Landkreis lebt von seinen kreisangehörigen Städten und Gemeinden. In den Vorberatungen war es Konsens, diesen gerade in der derzeitigen Lage finanziellen Gestaltungsspielraum zu erhalten. Mit der behutsamen Erhöhung des Hebesatzes um 0,5 Punkte zeigt sich, dass im partnerschaftlichen Miteinander und in Bezug auf den Hebesatz Kontinuität gewahrt wurde.

Ganz ehrlich, der Landkreis kommt nicht zu kurz, denn auf Grund der erneut gestiegenen Steuerkraft der Kommunen sowie der jetzt verankerten Hebesatzerhöhung um einen halben Punkt, fließen de facto 4,8 Mio. € mehr als im Vorjahr in die Landkreiskasse. Die Kreisumlage betrug 2021 ja bereits über 56 Mio. € und steigt 2022 entsprechend.

Darüber hinaus leben wir von „den schon traditionell guten Ergebnissen“ aus den Jahresabschlüssen der vergangenen 8 Jahre. Nicht nur das Jahresergebnis 2020 bestätigt diese Feststellung, auch 2021 wird wieder ein sehr erfreuliches Ergebnis mit sich bringen. Richtig erwies sich auch die letztjährige Vorgabe des Kreistages einer globalen Minderausgabe von 1 Mio. €. Dies alles sorgte und sorgt für entsprechend
hohe Rücklagen und führte zu ausreichender Liquidität. Eine gute Basis für diesen heute zu verabschiedenden Haushalt.

Der in den Vorberatungen gefundene Konsens basiert nicht nur auf der gestiegenen Steuerkraft und die damit verbundenen Mehreinnahmen, sondern auch auf den steigenden Schlüsselzuweisungen sowie das Privileg, in keinem der letzten Jahre entsprechende, in der Planung vorgesehenen Kredite in Anspruch nehmen zu müssen.

Unser Landkreis hat in den vergangenen Jahren auch sehr gut gewirtschaftet. Dass die Corona-Krise in der Kreispolitik noch keine größeren Verwerfungen anrichten konnte, ist auch unserem verantwortungsvollen Handeln der letzten Jahre gutzuschreiben. Wir haben die letzten Jahre kontinuierlich und rechtzeitig Schulden abgebaut und den Schuldenstand auf einem niedrigen Niveau gehalten. In puncto Pro-Kopfverschuldung zeigt sich, dass wir weit unter dem Landesdurchschnitt liegen.

Dies alles sollte uns aber nicht leichtsinnig machen, denn unser Investitionsvolumen ist für unseren Landkreis weiterhin geprägt von großen Herausforderungen und großem Optimismus! Fakt ist, dass wir unsere bereits laufenden Investitionen mutig und mit einer hohen Taktzahl anpacken.

Einen Kraftakt mussten wir in der Regelung der Rahmenbedingungen in unserem besonderen Investitionsschwerpunkt „Berufsschulzentrum Wertheim“ vollbringen. In Summe nach wie vor 46,5 Mio. ein starkes Stück Infrastruktur! Hier wurden in einem schwierigen Umfeld die vielen Hausaufgaben abgearbeitet. Vertrauen wir, dass der „runde Tisch“ aus Architekten, Fachplaner, Controller, Schulleitung und die Vertreter
der Verwaltung ziel- und ergebnisorientiert zusammenarbeiten.

Die für unseren Landkreis abgebildeten Rekordzahlen mahnen aber auch, hier weiter besonders sorgfältig zu arbeiten. Auch müssen wir uns die nötige Zeit nehmen, die Vergabebeschlüsse bestens vorzubereiten. Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Aus Vernunft und aus der Not heraus geboren ist das Moratorium für den vorgesehenen Ausbau der Infrastruktur bzw. der Weiterentwicklung des Beherbergungsangebotes in Kloster Bronnbach. Den Ausbau des Bursariats II zu verschieben ist aus der Sicht des Landkreises vernünftig und lässt Zeit, so manches Vertragsverhältnis zu evaluieren. Wichtig hierbei, den Willen zur gedeihlichen Zusammenarbeit und die
entsprechenden Perspektiven immer wieder zu betonen. Ein Beweis sind die noch immer im Haushalt enthaltenen 1,5 Mio. € für die Gebäudeunterhaltung bzw. der Substanz.

Und wenn wir schon im Norden des Landkreises sind, dann gilt es auf den Neubau der Straßenmeisterei in Külsheim für mittlerweile über 10 Mio. Euro hinzuweisen. Ende 2023 kommt schneller als uns lieb ist und zu diesem Zeitpunkt sind wir vertraglich gebunden, den Umzug zu vollziehen.

Alleine diese 3 Investitionsschwerpunkte, ergänzt durch die Investition in das Wohnheim „Zwischen den Bächen“ in Bad Mergentheim mit über 4 Mio. €, fordern uns personell und finanziell enorm. An dieser Stelle darf ich einflechten, dass nach der Generalsanierung des Schulzentrums in Bad Mergentheim und der laufenden Maßnahme in Wertheim sich wohl niemand hier vorstellen kann, dass unser Schulzentrum in der Kreisstadt ohne Sanierung auskommen wird.

Was steht noch an? Den Freien Wählern ist auch in diesem Haushalt wichtig, dass unsere Kreisstraßen, deren Ertüchtigung und das damit verbundene Deckenprogramm umfassend umgesetzt werden. Das klare Bekenntnis zu unseren, in der Trägerschaft des Landkreises stehenden Verbindungen zeigt sich in der Erhöhung des Etats um 400 tsd. Euro. Wir bitten aber das Straßenbauamt auch, mehr noch den Hochausbau unserer Kreisstraßen zu prüfen – einfach kostengünstiger, weniger Altlastenprobleme und schneller als so manch gewünschter Vollausbau. Hier ist es an der Zeit, sich Gedanken zu machen und Flexibilität zu zeigen.

Schnelle Verbindungen, da wird uns die BBV Partner hoffentlich der erwartet kompetente Partner rund um die Glasfaser-Infrastruktur sein! „TONI“ – die Werbestrategie läuft und es bleibt zu wünschen, dass die Zielmarken bzw. Schwellenwerte zur Umsetzung schnell erreicht werde. Das Megathema Digitalisierung hat Bestand. Hier sind wir weiter zukunftsorientiert ausgerichtet – für einen im ländlich strukturierten
Landkreis, wie unserem, ein Muss im Wettbewerb. Die Pandemie hat uns Defizite aufgezeigt, wo wir zu langsam sind und wie wichtig eine gute IT-Infrastruktur ist.

Wichtig auch der Blick auf das Thema der Gebäudeunterhaltung. Diese wird mit diesem Haushalt ebenfalls gestützt und nicht vernachlässigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit all´ unseren Investitionen tragen wir zu einer wirkungsvollen Konjunkturförderung bei. Dazu wirken sie nachhaltig, weil wir darauf Wert legen, dass diese Investitionen sich am Klimaschutzkonzept des Landkreises orientieren.

Der Haushalt 2022 ist aber auch bestimmt durch die erneut gestiegenen Sozialausgaben sowie die hohen Personalausgaben. Soziale Transferleistungen (ohne Soziallastenausgleich) in Höhe von 55 Mio. Euro (2018 noch 39 Mio. €) und 40 Mio. Euro im Bereich Personal sind bemerkenswert und erfahren seit Jahren unsere Beachtung.

Wir stehen zum Personal, der wichtigsten Ressource in unserem Dienstleistungsunternehmen Landratsamt und so passt an dieser Stelle der herzliche Dank der Fraktion der Freien Wähler an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes mit all seinen Ämtern und Verwaltungsstellen für die tolle Arbeit, teilweise bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit bei der Krisenbewältigung. Dank ist die verschärfte Form der Bitte und so rufe ich Ihnen zu, weiterhin diesen Einsatz zum Wohl aller Kreiseinwohnerinnen und Kreiseinwohner zu leisten.

Was den Haushalt angeht, sehen wir freie Wähler die Ausgewogenheit. Die vielen Interessenslagen sind bestmöglich berücksichtigt. Ob die Berücksichtigung originärer Interessen des LR bzw. der Verwaltung, der Kommunen, aber auch der vielen Einrichtungen, Organisationen, die über die freiwilligen Leistungen des Landkreises profitieren – hier wurden die Bestände gewahrt und weiter die Unterstützung abgebildet – keine Selbstverständlichkeit, wie wir Freien Wähler meinen.

Und dennoch ist uns Freien Wählern wichtig, die Unterstützung der Schulsozialarbeit zu überdenken und zu verbessern. Mit Einführung der Landesförderung für die Schulsozialarbeit an den allgemeinbildenden Schulen im Jahr 2012 war eine Drittelfinanzierung angestrebt (1/3 Land, 1/3 Kreis, 1/3 Schulträger). Die Landkreisförderung ist in den „Richtlinien für die Förderung der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit“ geregelt und seither auf einen Maximalbetrag von 16.700 EUR pro Jahr und Schule gedeckelt, analog zum Fördersatz des Landes. Von einer ursprünglich angestrebten Drittelfinanzierung kann heutzutage keine Rede mehr sein. Es ist in den letzten Jahren durch mittlerweile eingetretenen Tarifsteigerungen, sowohl bei den freien Bildungsträgen, als auch im öffentlichen Sozial- und Erziehungsdienst, ein erhebliches
Ungleichgewicht zu Lasten der kommunalen Schulträger entstanden. Die Finanzierungsquote der kommunalen Schulträger für die Schulsozialarbeit liegt mittlerweile bei mehr als 50 % (nur Personalaufwand, ohne Sachaufwand).

Die Schulsozialarbeit gewährleistet die enge Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe und hat nicht nur enorme Bedeutung für die Umsetzung des Bildungsauftrages, sondern auch für die Stärkung der Entwicklungschancen von Schülerinnen und Schülern. Aktuell werden flächendeckend im Landkreis 23,87 Stellen in der Schulsozialarbeit über nahezu alle kreisangehörigen Kommunen gefördert. Das
bedeutet, dass alle Städte und Gemeinden, ob groß, ob klein profitieren.

Wir sind uns darüber bewusst, dass dies mit einer spürbaren Belastung des Sozialetats des Kreises einhergeht, wäre aber gegenüber der seit Jahren stattfindenden schleichenden Kostenverschiebung zu Lasten der kommunalen Schulträger auch gerechtfertigt. Lassen Sie uns 2022 nutzen und die Rahmenbedingungen für das Schuljahr 2022/23 überdenken.

Wir verkennen aber auch nicht die Risiken, die dieser Haushalt, ob Ergebnishaushalt oder Finanzhaushalt mit sich bringt. Themen, wie Grunderwerbsteuer, Asyl, steigende Baukosten – alle fordernd, optimistisch und stramm im Haushalt hinterlegt.

Was ist uns in diesem Zusammenhang noch wichtig?

Unser AWMT steht vor großen Herausforderungen. Wir brauchen schnellst-möglich moderne, gut anfahrbare und präsente Wertstoffhöfe, wie auch die Recycling-Inseln! Wir bestechen mit einer ausgewogenen Gebührenkalkulation für die nächsten Jahre, die auch das Einvernehmen der Fraktion erhält und sollten uns aufmachen, der Kreiseinwohnerschaft attraktive Sammelstellen zur Verfügung zu
stellen.

Auch ein wichtiges Anliegen ist die Einführung der gelben Tonne! Viele gute Argumente sprechen für die Einführung der Gelben Tonne. Hier kann die kommunale Familie unisono darstellen, welche unglaublichen Zustände sich derzeit in den Ausgabestellen abspielen. Das geht gar nicht und ist nur über die Abbildung der gelben Tonne zu beruhigen. Nebenbei: In Sachen Abfallvermeidung haben wir alle noch verdammt viel Luft nach oben!

Nebenbei erinnern wir an die Evaluierung der Windelkonzeption für den Sommer 2022!

Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

Grundlage dieses Haushaltes für das Jahr 2022 mit seiner mittelfristigen Finanzplanung ist das Ergebnis eines ehrlichen und offen gestalteten Prozesses zwischen der Verwaltung und dem Kreistag.
Unser Landkreis steht gut da! Klimafreundlich, sozial und sehr familienfreundlich. Wir können optimistisch nach vorne schauen! In unseren Städten und Gemeinden wird nach wie vor mächtig gebaut – alles ein klares Bekenntnis zur Raumschaft. Unsere Haushaltspolitik ist verantwortungsvoll und sendet auch eine Menge positiver Signale aus. Der Landkreis ist und bleibt mit seinem hohen Investitionsvolumen ein
Konjunkturtreiber! Die Musik spielt ja bekanntermaßen im Finanzhaushalt!

Die geplante Neuverschuldung ist unvermeidlich, um die dringend notwendigen Investitionsmaßnahmen finanzieren zu können. Das muss es uns eben wert sein!

Abschließend bedanke ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen des Kreistages, insbesondere bei Ihnen, Herr Landrat Schauder, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für das vertrauensvolle Miteinander. Mein persönlicher Dank gilt den Cracks der Kreiskämmerei, die mit großer Kompetenz, viel Fingerspitzengefühl und mit der notwendigen Sorgfalt die Zahlenwelt für alle verständlich vorbereitet haben.

Und ich will mich auch in diesem Jahr besonders bei Ihnen, liebe Kollegin und Kollegen aus der Fraktionsvorsitzendenrunde bedanken. In vielen konstruktiven Diskussionen verlor man nie die gemeinsamen Ziele aus den Augen und erzielten meist Einvernehmen. Auch bei unterschiedlichen Positionen wurde ein fairer politischer Umgang gepflegt.

Nun, sehr geehrter Herr Landrat, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiter*innen der Verwaltung, liebe Gäste, lassen Sie uns gestärkt aus der Pandemie herausgehen, bleiben Sie gesund und zuversichtlich!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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