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20.11.2025

Hausarztversorgung: Stadt prüft Handlungsmöglichkeiten - Gemeinderat befürwortet externe Beratung durch Gemeindetag

Eigentlich liegt das Thema nicht im originären Zuständigkeitsbereich der Stadt. Darauf wies Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez gleich zu Beginn hin. Auch die Handlungsmöglichkeiten für die Kommune seien begrenzt. Dennoch beschäftigte sich der Gemeinderat ausführlich mit der hausärztlichen Versorgung in Wertheim.

Als Experten eingeladen waren ein Referent der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) und die Vertretung der Wertheimer Hausärzte. Sie legten Zahlen zur Versorgungslage vor und steckten den Rahmen zu den Möglichkeiten, aber auch den Grenzen kommunaler Einflussnahme ab. Am Ende beschloss der Gemeinderat einstimmig, zunächst ein Beratungsangebot des Gemeindetags Baden-Württemberg zu nutzen. Danach soll über die Umsetzung möglicher Empfehlungen entschieden werden.

Seit Jahren bereits gehört die ortsnahe hausärztliche Versorgung zu den wichtigsten Anliegen der Bürger – im Land und auch in Wertheim, stellte Wirtschaftsförderer Jürgen Strahlheim eingangs fest. Er erinnerte daran, dass es in den vergangenen Jahren nicht gelungen sei, für mehrere Hausarztpraxen Nachfolger zu finden. Die Schließung des Medizinischen Versorgungszentrums in Kreuzwertheim „hat die hausärztliche Versorgungssituation im Raum Wertheim verschärft“. Für die Sicherung und Weiterentwicklung des Wohn- und Wirtschaftsstandortes Wertheim sei das Thema von zentraler Bedeutung, betonte Strahlheim.

Rein statistisch gebe es im Land keinen Ärztemangel, sagte Sven Gnoth, Referent bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Allerdings stehe eine Ruhestandswelle bevor, und nachrückende Mediziner hätten zum Teil andere Ansprüche als ihre Vorgänger. Zudem werde die Inanspruchnahme von Hausärzten künftig weiter steigen, prognostizierte Gnoth.

Aktuell können im Bereich Wertheim, zu dem auch Freudenberg gehört, noch 3,5 Hausarztstellen besetzt werden. Mit 93 Prozent liegt der Versorgungsgrad höher als in Tauberbischofsheim, aber etwas niedriger als in Bad Mergentheim. Rund drei Viertel der Patienten, die in Wertheim zum Hausarzt gehen, wohnen auch in der Großen Kreisstadt. Die zweitgrößte Gruppe stellen die Kreuzwertheimer mit knapp über sechs Prozent.

Nach Angaben des Referenten befinden sich derzeit 24 Mediziner im Main-Tauber-Kreis in Weiterbildung, davon elf mögliche Hausärzte. Die wichtigsten Kriterien für Ärzte bei der Entscheidung, wo sie sich niederlassen, sind die Nähe zu Partner, Familie und Freunden, dicht gefolgt davon, dass für die Niederlassung kein Wohnortwechsel notwendig ist. Auch die Erreichbarkeit der neuen Praxis und die Verfügbarkeit geeigneter Räume spielen eine wichtige Rolle. Gnoth erläuterte in seinem Vortrag auch die Nachwuchsförderung durch die Kassenärztliche Vereinigung und zeigte einige Handlungsmöglichkeiten auf.

„Das, was die Kommune mit dem Krankenhaus hier geschafft hat, ist sicher die wichtigste Grundlage zur Generierung neuer Hausärzte“, unterstrich Dr. Christina Gläser, Sprecherin der Wertheimer Hausärztinnen und Hausärzte. Eine Klinik in der Nähe, die Patienten übernimmt, mache die Niederlassung attraktiver. Ebenfalls wichtig sei die Unterstützung bei der Immobiliensuche oder die Bereitstellung von Kindergartenplätzen. Als besonders bedeutend nannte die Medizinerin „Verwurzelung und Identifikation mit Wertheim zu schaffen“. Dies könne etwa über einen Ausbildungsverbund „Allgemeinmedizin“ des Bürgerspitals mit anderen Einrichtungen geschehen.

„Es ist wichtig und richtig, dass sich die lokale Politik Gedanken macht, wie sie unterstützend eingreifen kann. Die Möglichkeiten sind allerdings begrenzt und man sollte sich nicht zu viel erhoffen.“ Denn an dem wohl größten Problem könnten die Kommunen nichts ändern: Der zu verteilende Topf für niedergelassene Ärzte werde kaum größer, während die Kosten unaufhörlich steigen. „Das hat dazu geführt, dass Ärzte keine Lust mehr haben auf Niederlassung“, sagte Dr. Gläser.

Im nächsten Schritt soll eine von der Stadt beauftragte Untersuchung durch den Gemeindetag Baden-Württemberg die hausärztliche Versorgungssituation in Wertheim analysieren und bewerten und daraus Handlungsempfehlungen für die Stadt ableiten. Sobald die Ergebnisse vorliegen, wird sich der Gemeinderat erneut mit dem Thema befassen.

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