Pflegende Angehörige
Ohne das Engagement von Angehörigen oder Freunden ist die Versorgung und Betreuung von pflegebedürftigen Menschen in ihrer Häuslichkeit kaum zu bewältigen.
Die Pflege verlangt den Pflegenden viel ab. Neben erforderlichen Grundkenntnissen in der Pflege hilft das Wissen über Angebote zur eigenen Entlastung, um eine häusliche Pflege für alle Beteiligten befriedigend gestalten und sicherstellen zu können.
Sie finden umfassende Informationen zu gesetzlichen Ansprüchen und zu Entlastungsmöglichkeiten in den Rubriken:
Tritt die Pflegebedürftigkeit unerwartet ein, stellt dies für die meisten Angehörigen eine Überforderung dar. Falls Sie betroffen sind, sprechen Sie uns an und vereinbaren einen Termin mit uns. Vorab können Sie sich eine Checkliste zu Ihrer Unterstützung herunterladen:
Vereinbarkeit Pflege und Beruf
Für jüngere bzw. berufstätige Angehörige stellt sich häufig die Frage, wie die Pflege mit Beruf und Familie vereinbart werden kann. Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten, die nachfolgend erklärt sind. Eine übersichtliche Aufstellung können Sie hier herunterladen:
- Pflege und Beruf - Bessere Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf PDF, 872 kB 08.02.2024
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
Besonders dramatisch kann eine Situation sein, wenn bei einem nahen Verwandten eine Akut-Situation eintritt, die eine pflegerische Versorgung erforderlich und notwendig macht oder die Pflege und Betreuung organisiert werden muss. Dies kann bei einer plötzlichen Entlassung aus dem Krankenhaus oder bei Eintritt oder Verschlimmerung von Pflegebedürftigkeit eintreten. Angestellte Berufstätige haben das Recht, sich eine kurzzeitige Auszeit von bis zu zehn Arbeitstagen zu nehmen. Sie haben so die Möglichkeit, eine bedarfsgerechte pflegerische Versorgung zu organisieren oder selbst zu übernehmen. Diese Regelung gilt für alle Beschäftigten unabhängig von Arbeitgeber und der Größe des Unternehmens. Die Verhinderung an der Arbeit und die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit muss dem Arbeitgeber und der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person unverzüglich mitgeteilt werden. Die Beschäftigen können, sofern sie keinen anderen Anspruch haben, das Pflegeunterstützungsgeld beantragen. Die Pflegekasse übernimmt 90 Prozent des tatsächlich ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts.
Pflegezeit
Im Rahmen der Pflegezeit von bis zu sechs Monaten können sich Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitenden vollständig freistellen lassen, um ihre Angehörigen daheim zu pflegen. In dieser Zeit besteht kein Anspruch auf Arbeitsentgelt. Die Pflegezeit muss dem Arbeitgeber zehn Tage vorher angekündigt werden. Voraussetzung für die Freistellung ist zum einen, dass eine Pflegebedürftigkeit vorliegt und der pflegebedürftige Mensch in der häuslichen Umgebung versorgt wird. Die Pflegezeit kann auch in Teilzeit genommen werden. Um den Lohnausfall abzufedern, kann ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt werden.
Familienpflegezeit
Ein weiterer Weg, den oder die pflegebedürftigen Angehörigen trotz Berufstätigkeit daheim pflegen zu können, besteht durch den rechtlichen Anspruch auf Familienpflegezeit (Arbeitgeber mit mehr als 25 Beschäftigten). Pflegepersonen können ihre Arbeitszeit für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten auf bis zu 15 Wochenstunden reduzieren. Das Einkommen wird gekürzt, jedoch nur um die Hälfte der Kürzung der Arbeitszeit. Dies bedeutet für einen Arbeitnehmer, der seine Arbeitszeit um 50 Prozent reduziert, eine Kürzung seines Lohns/Gehalts um 25 Prozent. Für die Differenz kann ebenfalls ein zinsloses Darlehen beantragt werden.
Nach Ende der Pflegephase arbeitet der oder die pflegende Angehörige dann wieder 100 Prozent und erhält weiterhin 75 Prozent des Gehaltes so lange, bis der Anspruch wieder ausgeglichen ist.
Zur Sicherung des Lebensunterhaltes während der Pflegezeit besteht Anspruch auf ein zinsloses Darlehen. Das Darlehen beantragen Sie beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA). Es wird in monatlichen Raten ausgezahlt und nach dem Ende der Pflegezeit muss es ebenfalls in Raten wieder zurückgezahlt werden.
Darin enthalten ist auch eine Härtefallregelung. Das BAFzA kann auf Antrag die Fälligkeit der Rückzahlung hinausschieben, um eine besondere Härte für die Beschäftigten zu vermeiden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit eines teilweisen Darlehenserlasses oder eines Erlöschens der Darlehensschuld.
Auf den Seite "Wege zur Pflege" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gibt es weitere Informationen und einen Familienzeitrechner:
- Infos zur Familienpflegezeit
- Pflegezeitrechner des BAfzA
- Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf
Rehabilitationsmaßnahme für pflegende Angehörige
Die Pflege eines Menschen ist körperlich und seelisch sehr belastend. Oft stellen Pflegepersonen ihre eigenen Bedürfnisse zurück. Auf diese Weise können schwerwiegende gesundheitliche und seelische Beschwerden entstehen. Damit es gar nicht erst so weit kommt, haben Angehörige einen gesetzlichen Anspruch auf eine Rehabilitationsmaßnahme. Eine solche Maßnahme zielt darauf ab, die gesundheitliche Verfassung zu stabilisieren, damit der Pflegealltag wieder leichter bewältigt werden kann.
Manchen Pflegenden fällt es schwer, die Pflege ihres geliebten Menschen anderen anzuvertrauen, um sich selbst eine Auszeit zu gönnen. Daher gibt es in manchen Einrichtungen die Möglichkeit, den pflegebedürftigen Angehörigen zu einer Rehabilitationsmaßnahme mitzunehmen und sie im Rahmen der Kurzzeitpflege und der Verhinderungspflege vor Ort versorgen und betreuen zu lassen.
Adressen und weitere Informationen erhalten Sie jederzeit im Pflegestützpunkt.
Angehörigengruppen
Einen pflegebedürftigen Menschen zu versorgen, ist zweifellos eine ehrenhafte Aufgabe, die einem neben der Belastung auch viel Freude schenken kann. Trotzdem erreichen die Pflegenden bei dieser anspruchsvollen Aufgabe die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit recht schnell. In einer solchen Situation kann es sehr wohltuend und förderlich sein, wenn man sich mit anderen Angehörigen und Betroffenen austauschen kann.
In Angehörigen- und Selbsthilfegruppe, die meist von einer Fachkraft geleitet werden, können die Pflegenden neue Kontakte knüpfen. Sie können von gegenseitigen Anregungen und Tipps für den Pflegealltag profitieren oder sich die Sorgen und Ängste, die durch die große Verantwortung entstehen, einfach von der Seele reden. Auf diese Weise können sich die Pflegenden sowohl praktisch als auch emotional gegenseitig unterstützen und neue Kraft für ihre schwere Aufgabe tanken.
Adressen von bestehenden Angehörigengruppen erhalten Sie jederzeit im Pflegestützpunkt.
Unfallversicherung
Wer als Pflegeperson einen nahestehenden Menschen in seiner häuslichen Umgebung versorgt, ist beitragsfrei unfallversichert. Versichert sind Hilfen bei der Haushaltsführung und alle pflegerischen Maßnahmen, die bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigt wurden. Dasselbe gilt für den direkten Hin- und Rückweg zum Ort der Pflegetätigkeit. Die Pflege muss im häuslichen Umfeld erfolgen und darf nicht erwerbsmäßig ausgeübt werden. Unfälle sind innerhalb von drei Tagen zu melden und sollten bei der Behandlung als BG-Fall angegeben werden.
Eine ausführliche Erklärung zum Thema Versicherungsschutz für pflegende Angehörige finden Sie hier:
Personen, die in einem Privathaushalt gegen Entgelt versorgen, müssen beitragspflichtig unfallversichert werden. Wie bei jedem Angestelltenverhältnis müssen diese, selbst wenn eine private Haftpflicht- bzw. Unfallversicherung besteht, bei einer gesetzlichen Unfallversicherung angemeldet werden. Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin muss neue Beschäftigte innerhalb einer Woche bei der zuständigen Unfallkasse oder der Knappschaft Bahn-See anmelden.
Rentenversicherung
Für Pflegepersonen, die mindestens 10 Stunden wöchentlich an mindestens zwei Tagen in der Woche eine oder mehrere pflegebedürftige Personen ab Pflegegrad 2 versorgen, leistet die Pflegekasse Beiträge zur Rentenversicherung. Weitere Voraussetzungen hierfür sind, dass die Pflegeperson über die Pflegetätigkeit hinaus nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich arbeitet und die Pflege nicht erwerbsmäßig erfolgt. Diese Regelung gilt sogar für Beschäftigte, die eine vorgezogene Altersrente beziehen. Um Rentenpunkte zu erwerben, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Wenn die Pflegeperson die Voraussetzungen zum Erwerb von Rentenpunkten erfüllt, wird dieser Antrag nach der Pflegebegutachtung automatisch von der Pflegekasse zugesandt.
Auch wer bereits im Rentenalter ist und Angehörige pflegt, kann die Rente aufbessern. Wer Rentenpunkte für die Pflege erwerben möchte, muss in die sogenannte Teilrente wechseln. Auf diesem Weg können zwischen 10 und 99 Prozent der vollen Rente beantragt und gleichzeitig weitere Rentenpunkte für die Pflegetätigkeit gesammelt werden. Dafür genügt ein formloser Antrag bei der Rentenversicherung.
Auf der Seite der Renten Deutschen Rentenversicherung kann eine ausführliche Broschüre zum Thema heruntergeladen werden:
Pflegekurse
Pflegepersonen können sich für ihre Pflegetätigkeit kostenfrei schulen und beraten lassen. Die Pflegekassen haben die Aufgabe, hierzu kostenfreie Schulungskurse und individuelle Schulungen vor Ort und auf Wunsch auch in der häuslichen Umgebung anzubieten. Diese Kurse sind für pflegende Angehörige eine gute Gelegenheit, sich mit anderen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen.