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09.08.2024

Wasserstoff als Teil der Energiewende - Delegationsreise des Regionalverbands Heilbronn-Franken und der Netze-Gesellschaft Südwest mbH zum Rotterdamer Hafen

Auf Einladung des Regionalverbands Heilbronn-Franken und der Netze-Gesellschaft Südwest mbH fuhr eine 50-köpfige Delegation zum Hafen von Rotterdam. Die Vertreterinnen und Vertreter aus Landratsämtern, Verbänden, Forschungsinstituten, Wissenschaftlern, Kommunen, Lokalpolitik sowie Unternehmen aus der Region Heilbronn-Franken machten zunächst einen Zwischenstopp am RWE-Kraftwerk Niederaußem, wo in Zukunft Wasserstoff (H2) aus Abfällen produziert werden soll. Hauptziel der Fachexkursion war jedoch der Hafen in Rotterdam. Denn dieser ist Heimat zahlreicher H2-Projekte und „the place to be“ für alle, die sich aus erster Hand über die Innovationen und Entwicklungen im Bereich Wasserstoff informieren möchten.

Bei einer Schiffstour durch die 42 Kilometer langen Wasserwege in Rotterdam wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Beispiel der Grüne Wasserstoff-Delta-Korridor, das RH2INE-Projekt, geplante Wasserstoffanlagen von Shell, Air Liquide, LH2, Ammoniak-Terminals & Crackers vorgestellt.

Prof. Dr. Markus Hölzle vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg fasste seine Eindrücke wie folgt zusammen: „Es war eindrucksvoll zu sehen, in welcher Dimension in Rotterdam bereits große Elektrolyseure laufen und kilometerlange Wasserstoffpipelines gebaut werden. Hier ist Wasserstoff als Teil der Energiewende bereits Realität. Rotterdam ist die Energie- und Hafenstadt in Europa. Hier zeigt sich, dass Wasserstoff der logische, nächste Schritt zu einer klimaneutralen Zukunft ist.“

Rotterdam als Vorreiter des Wasserstoffimports

Der Hafen Rotterdam spielt bereits heute eine zentrale Rolle für die Energieimporte in die EU – über 13 Prozent aller Energieimporte werden über diesen Knotenpunkt abgewickelt. Waren es bisher vor allem Steinkohle- und Erd- oder Flüssiggas-Lieferungen, sollen bis 2050 sechs Prozent des in der EU erzeugten Wasserstoffs in den Elektrolyseuranlagen des Hafens produziert und 40 Prozent aller Importe von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten über Rotterdam abgewickelt werden. „All das, was wir bezüglich grünen Wasserstoffs in Deutschland intensiv diskutieren, wird in Rotterdam bereits in Stahl und Eisen realisiert. Rotterdam tut alles, um der größte Wasserstoffhub Europas zu werden. Das ist auch gut für Deutschland, denn die große Wasserstoffpipeline, die in Rotterdam gerade gebaut wird, soll direkt an das deutsche Wasserstoff-Kernnetz andocken“, ergänzte Professor Hölzle.

Pipeline für Anbindung an Deutschland

Eine neu errichtete 32 km lange Wasserstoffpipeline in Rotterdam verbindet die verschiedenen Erzeugungs- und Anwendungsbereiche und markiert die erste Schnittstelle für eine Anbindung an die westdeutschen Industriezentren. Mark Stoelinga, Direktor für Energie und Infrastruktur der Hafengesellschaft Rotterdam, hob bei seiner Führung hervor, dass die Umsetzung dieses umfassenden Umbaus mit vielen Herausforderungen und Unbekannten verbunden ist. Dennoch lässt man sich vor Ort nicht abschrecken. „Everything can happen, everything is in development“, erklärte er als Devise im Umgang mit den Schwierigkeiten. Wie wichtig es ist, die Hürden schnell zu überwinden, zeigen folgende Zahlen deutlich: Bis 2030 sollen in Rotterdam etwa 7 Megatonnen H2-Derivate umgeschlagen werden, was einer Leistung von 8135 TWh entspricht. Laut Prognosen wird sich diese Menge bis 2050 verdreifachen und bei rund 20 Megatonnen beziehungsweise 23.244 TWh liegen. „Alle Häfen in Nordwest Europa müssen zusammenarbeiten“, erklärt Stoelinga weiter. „Denn selbst wenn wir in Rotterdam unsere H2-Kapazitäten maximal ausschöpfen, dann reicht das in den kommenden Jahren nicht aus, um die Nachfrage, die vor allem seitens der Industrie anrollt, zu decken.“

Andreas Schick, Geschäftsführer der Netze-Gesellschaft Südwest, betont vor diesem Hintergrund aber auch die Bedeutung einer technologieoffenen und demokratischen Neuausrichtung der Sektoren zwischen Elektronen und Molekülen. „Wir müssen die Energieversorgung von unten denken. Denn wir werden alles benötigen: Strom, H2 und Wärmenetze – und das zu möglichst niedrigen, global wettbewerbsfähigen Kosten. Nur so können wir die Klimaziele erreichen und gleichzeitig die Attraktivität für Wirtschaft und Industrie in Deutschland und Baden-Württemberg bewahren.“

Landrat Norbert Heuser, der die Delegation anführte, unterstrich die Notwendigkeit, mutig zu sein und die Energietransformation jetzt konkret anzugehen. „Das Geheimnis für Erfolg hat drei Buchstaben - Tun“, so Heuser. „Wir müssen jetzt ins Handeln kommen, um im Südwesten nicht von den dynamischen Entwicklungen abgehängt zu werden.“

RWE-Pilotprojekt: Wie aus Abfall Wasserstoff wird

Zur zweitägigen Exkursion gehörte auch der Besuch im RWE-Informationszentrum Niederaußem: Dort konnte sich die Delegation vor Ort über den Stand des Pilotprojekts zur Wasserstoffgewinnung aus Siedlungsabfällen informieren. RWE investiert am ehemaligen Braunkohle-Standort über drei Millionen Euro und gewinnt mittels Röstprozessen (Torrefizierung) Wasserstoff aus Abfällen. Reststoff-Pellets werden dort so geröstet, dass sie zu Staub zermahlen und in einem thermischen Verfahren unter Luftabschluss in Wasserstoff und CO2 aufgespalten werden können.

Netzwerken für die Wasserstoffentwicklung in der Region

Die zweitägige Exkursion bot neben beeindruckenden Einblicken in die Wasserstoffgewinnung auch hervorragende Gelegenheiten zum Netzwerken und zur Vertiefung der Thematik. Die Vielfältigkeit der Teilnehmenden aus Forschung, Verwaltung und Energiebranche erwies sich als ideal, um die Wasserstoffthematik in der Region aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. In Zukunft möchte man gemeinsam das Thema in der Region weiter voranbringen, Synergien nutzen und möglichst schnell die nächsten Entwicklungsschritte gehen.

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