Vorlesen
Seiteninhalt
05.07.2021

Kommunaler Landschaftspflegeverband blickt auf das Jahr 2020 zurück

Die jährliche Mitgliederversammlung des Kommunalen Landschaftspflegeverbandes Main-Tauber e.V. (KLPV) diente auch der Berichterstattung über Pflegeprojekte des vergangenen Jahres. Dabei sind die Projekte so unterschiedlich wie die geologischen, biologischen und klimatischen Gegebenheiten der Region. An der Versammlung nahmen Vertreterinnen und Vertreter aller 18 Städte und Gemeinden des Main-Tauber-Kreises teil.

Fördermittel für regionalen Naturschutz

Insgesamt wurden im Main-Tauber-Kreis im Jahr 2020 an mehr als 600 verschiedene Auftrags- und Vertragsnehmer circa 1,472 Millionen Euro für die Pflege von rund 1600 Hektar Fläche ausbezahlt. Die Mittel wurden für mehr als 250 Einzelmaßnahmen und 315 Pflege- und Extensivierungsverträge verwendet. Durch gezielte Biodiversitätsberatung und finanzielle Förderungen werden hiermit landwirtschaftliche Familienbetriebe und Dienstleister in der Region gestärkt.

Die Erhaltung, die Pflege und die Förderung regionaltypischer Kulturlandschaften und schützenswerter Lebensräume werden seit vielen Jahren schwerpunktmäßig durch die Pflege der Trockenhänge im Taubertal umgesetzt. Hauptaufgaben sind dabei die Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität sowie die Schaffung eines großflächigen Biotopverbundes trockener und mittlerer Standorte. Dies geschieht maßgeblich durch eine extensive Pflege wie Beweidung oder Mahd. Über Jahrzehnte kann der KLPV beobachten, wie aus alten, verbuschten Wiesen und aufgelassenen Trockenhängen wieder artenreiche, stabile Biotope mit Orchideen, Schmetterlingen und Wildbienen entstehen. Neuansaaten von Wiesen oder Heckenpflanzungen sind dabei eher selten. Der Verband setzt stattdessen vor allem auf das vorhandene Samenpotential im Boden in Verbindung mit fachgerechter Pflege.

Von der ersten Pflegemaßnahme bis zur Wiederherstellung attraktiver, offener Landschaftsbilder mit hoher Biodiversität vergehen manchmal mehrere Jahre. Drei sehr unterschiedliche Beispiele aus der Arbeit des KLPV 2020 zeigen, wie die Natur in die Region zurückkehren kann.

Best-Practice-Beispiele

Weidetraditionen sind vielerorts in Vergessenheit geraten. Aus wirtschaftlichen Gründen hat die Anzahl der Tierhalterinnen und Tierhalter, der Nutztiere und der landwirtschaftlichen Betriebe insgesamt stark abgenommen. Intensive Landwirtschaft mit ganzjähriger Stallhaltung hat das jahrtausendealte Wechselspiel von Natur und Kultur, das eine hohe biologische Vielfalt hervorgebracht hat, in den vergangenen hundert Jahren entkoppelt. Viele naturnahe Weiden wurden aufgegeben, was eine Verarmung der Landschaft, eine Verbuschung der Wiesen und Weiden und damit eine sinkende Artenvielfalt zur Folge hat.

Auch das Wissen um die Bedeutung von Wiesen und Weiden für die biologische Vielfalt ging zunehmend verloren. Besonders für große, zusammenhängende Naturräume sind extensive Weidekonzepte sinnvoll. Wie eine naturnahe Beweidung Landschaften im Taubertal gestalten kann und damit der Schlüssel für mehr Biodiversität und Biotopvernetzung ist, zeigen artenreiche Wiesen in Boxberg (Iben, Hansenberg), Grünsfeld (Stammberg), Lauda-Königshofen (Altenberg, Langer Weinberg), Niederstetten (Regenbachtal), Tauberbischofsheim (Edelberg) und Werbach (Apfelberg).

Hier grasen zeitlich begrenzt Rinder, Schafe und Ziegen, die von Weide zu Weide ziehen. Durch die Beweidung entstehen Mosaike eng verzahnter Kleinstrukturen und verschiedener Biotoptypen, die zu stabilen Ökosystemen führen. Durch Scheuerstellen, Verbiss, Kot, Tritt und Lagerplätze entstehen kleine Gemeinschaften von Organismen und fördern damit die Artenvielfalt. Kleine, robuste Rinderrassen wie beispielsweise Zwerg-Zebus oder Dexter-Rinder sowie Schafe und Ziegen kommen in einem steilen Gelände gut zurecht, sind genügsam und verursachen kaum Trittschäden.

Gefährdete, seltene und auf Beweidung angewiesene Schmetterlingsarten wie beispielsweise der Zahnflügel-Bläuling konnten sich hier wieder ansiedeln. Die extensive Beweidung und die entstehende Dynamik fördern das gesamte ökologische Netz aus Pflanzen und Insekten. Diese wiederum sind die Grundlage der Nahrungskette für Amphibien, Reptilien, Vögel, Säugetiere, Pilze und Mikroorganismen und damit Voraussetzung für eine hohe Artenvielfalt. Die Kosten für die extensive Beweidung auf 198 Hektar Weidefläche beliefen sich im vergangenen Jahr auf 240.357 Euro. Das Land Baden-Württemberg und die EU teilten sich den Betrag.

Das Projekt „Archewiesen“ des Regierungspräsidiums Stuttgart widmet sich im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt der Neuanlage und der Erhaltung von artenreichem Grünland. In Zusammenarbeit mit dem KLPV wurden im Main-Tauber-Kreis artenreiche Wiesen als so genannte Spenderflächen beispielsweise in Gamburg und Hochhausen mit dem E-Beetle beerntet. Dieses elektrische Kleingerät bürstet die Samen vorsichtig aus der Wiese heraus, Kleintiere werden beim Erntevorgang geschont. Da nicht alle Wiesenpflanzen gleichzeitig abreifen, erhält man ein breiteres Artenspektrum und größere genetische Bandbreiten innerhalb der Arten, indem man mehrmals über die Spenderflächen fährt – am besten im Abstand von mehreren Tage oder Wochen. Die Pflanzen bleiben unversehrt und können anschließend als Heu verwendet werden.

Das lokal geerntete, einheimische Saatgut wurde im Herbst 2020 auf einer artenarmen Empfängerfläche im Naturschutzgebiet Brachenleite ausgebracht. Durch die unmittelbare Nähe der Spender- und Empfängerflächen zueinander wird die regionaltypische Arten- und Genotypen-Vielfalt der angesäten Grünlandgesellschaften erhalten.

Eine der ältesten Bautechniken ist das Setzen von Trockenmauern. Die Kunst des Trockenmauerbaus ist alte Handwerkskunst und wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Je nachdem, was die Natur regional bietet (Lesesteine, Findlinge, Steine aus Steinbrüchen), wurden und werden unterschiedliche Gesteinsarten beim Mauerbau verwendet. Wichtig dabei ist, dass die Zwischenräume nicht mit Erde oder anderen Materialien verfugt werden. Naturstein-Trockenmauern sind aus Natursteinen im Verbund geschichtete Mauern, deren Gefüge durch ihr Eigengewicht ohne den Einsatz von Mörtel oder anderen Bindemitteln zusammenhält. Auch die richtige Bauweise ist für die Stabilität entscheidend.

Sowohl in der Kulturlandschaft als auch in Gärten sind Trockenmauern ästhetisch kunstvolle Bauwerke und Gestaltungselemente für Jahrhunderte: Sie stützen Hänge und Böschungen ab, helfen bei der Terrassierung von Weinbergen und grenzen Grundstücke ab. Außerdem sind sie wertvolle Lebensräume vieler Pflanzen- und Tierarten, die an diesem Extremstandort hervorragend angepasst sind.

Im Main-Tauber-Kreis gibt es in den alten Weinbergshängen abschnittweise immer wieder Einstürze einzelner Trockenmauern. Die Ursachen dafür sind sehr unterschiedlich und reichen von Baufehlern über mangelnde Pflege bis zu Witterungseinflüssen. Da die Sanierung aufwendig und teuer ist, werden die Reparaturen im Landkreis auf mehrere Jahre verteilt. 2020 wurden für 132 Quadratmeter Trockenmauer-Sanierungen öffentliche Fördermittel in Höhe von 55.542 Euro abgerufen. Seit dem Jahr 2003 wurden insgesamt 2532 Quadratmeter Trockenmauern im Taubertal saniert. Die Quadratmeterangabe bezieht sich dabei immer auf die Ansichtsfläche einer Trockenmauer – inklusive Fundament und der dahinter liegenden, oft meterdicken Hinterfüllung und Vermauerung.

Seite zurück nach oben Seite drucken